Minilaster Piaggio Ape oder:
Die Blech-Biene
Seit fast 60
Jahren ist Piaggios Ape das Lieblingsgefährt italienischer Pizzabäcker und
Lieferanten.
In Deutschland ist der Kleinstlaster eher selten -
dabei taugt er durchaus als urtümliches Spaßmobil.
Wo ist hier
bloß der Rückwärtsgang? Hat die Ape überhaupt einen? Ja, sie hat: Während die
linke Hand den Kupplungshebel heranzieht, muss die rechte einen schwarzen
Metallstab umfassen, der roh aus dem Fahrzeugboden ragt. Dann die Beine gegen
die Kabinenfront stemmen, den Oberkörper nach hinten werfen und schon rastet la
marcia indietro ein. Dazu gibt das unsynchronisierte Getriebe ein
hässliches Krachen von sich. Aber keine Sorge, das ist ganz normal.
Piaggios
Kleinstlaster Ape (Biene) ist ein urtümliches Gefährt, 1948 von Enrico Piaggio
und dem Flugzeugingenieur Corradino d'Ascanio als preiswertes Transportfahrzeug
für das boomende Nachkriegsitalien ersonnen. Auf Schnickschnack verzichtete die
Rollerfirma - billig sollte das Lieferantenpendant der Vespa (Wespe)
stattdessen sein um mühelos durch verwinkelte römische Gassen zu steuern.
"Bis heute ist das Grunddesign im wesentlichen unverändert
geblieben", sagt Unternehmenssprecher Wolfgang Witzani.
In der Tat.
Die Ape besitzt weder Heizung, noch Radio. Der Fahrersitz ist nicht
verstellbar. Das Dreirad ist im Prinzip nur ein schnöder Fünfziger-Roller, der
mit Blech ummantelt wurde. Das Interieur ist spartanisch, die Motorleistung
überschaubar: Ein Zweitakter mit 49,8 Kubikzentimeter beschleunigt die Biene
auf bestenfalls 40 km/h, fettleibige Fahrer müssen sich mit weniger Schub
begnügen.
Das tut dem
Fahrspaß jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil. Selten ist man Fahrzeug und
Straße so nah wie beim Ape-Fahren. Jeder Schlag des Hamburger Kopfsteinpflasters
geht direkt in die Knochen, jeder Gangwechsel ist wie ein Tritt ins Kreuz. Dank
der geringen Breite (knapp 1,30 Meter) und dem winzigen Wendekreis zirkelt man
auch mit Höchstgeschwindigkeit mühelos durch schmale Straßen. Die Ape zuckelt dahin,
fühlt sich aber mächtig schnell an. Es ist ein bisschen wie Trabi fahren.
Anfangs
stehen einem die Schweißperlen auf der Stirn, denn die Ape verlangt vor allem
im Abendverkehr Koordinationsfähigkeit. Das unsynchronisierte Getriebe ist
zickig, die Fußbremse beißfaul. Erschwerend kommt hinzu, dass mangels
Cockpitbeleuchtung alle Verrichtungen im Halbdunkel stattfinden müssen. Das
stresst den ungeübten Fahrer. Später gewöhnt man sich daran.
Platz für
den Irren in der knatternden Kiste
Weil der
Lasten-Kasten breiter ist als die Vorderkabine, sieht man beim Höllenritt mit
der Ape nicht allzu viel von dem, was die anderen auf der Straße so treiben. Da
hilft nur italienische Gelassenheit. Außerdem ist die Ape im deutschen
Straßenbild derart selten, das die anderen Verkehrsteilnehmer ohnehin ganz von
selbst auf das wunderliche Gefährt achten. Überhören kann man den knatternden
Zweitakter ohnehin nicht.
Eine
Testfahrt im Duisburger Innenstadtverkehr zeigt: Selbst tonnenschwere
Geländewagen bremsen vorsorglich ab, wenn eine Ape ihren Weg kreuzt. Das
Verhalten ähnelt jenem von muskelbepackten Bodybuildern, die einem drahtigen
kleinen Typen ausweichen, der ihnen entgegentorkelt und irgendwie nach Ärger
aussieht. Auch der Piaggio-Laster signalisiert: Achtung, hier kommt ein
bereifter Irrer. Also aufgepasst, denn wer sich freiwillig mit so einem Gefährt
in die Rushhour begibt, dem ist vermutlich alles egal.
Connaisseure
kalauern, nur drei Berufsgruppen könnten mit der Ape etwas anfangen:
Pizzafahrer (weil sie Italiener sind), Friedhofsgärtner (weil sie enge Wege
befahren müssen) und Alkoholiker (weil sie keinen Pkw-Führerschein mehr haben).
Doch auch für alle anderen ist Piaggios Ape interessant. Da ist zunächst das Finanzielle.
5.574 Euro kostet die auch als Pickup erhältliche Ape. Dank des
Fünfziger-Motors darf man mit Versicherungskennzeichen fahren, was lediglich
zwischen 50,- und max 100,- Euro im Jahr kostet.
Für so wenig
Geld bekommt der Ape-Pilot viel Coolness-Faktor. Wo die Biene auftaucht, steht
sie im Mittelpunkt. Passanten gaffen. Frauen kreischen. Porschefahrer weinen.
Wer in seiner Ape durch das Duisburger-Hafen-Viertel knattert, kann sich seiner
Rolle als Trendsetter sicher sein. Er darf Pkw-Normalos mit mitleidigen Blicken
abkanzeln. Die armen Würstchen müssen schließlich Mini oder BMW Z8 fahren und
das auch noch langsam - zumindest, solange sie eine Ape vor der Nase haben.
Für Fahrten
jenseits des Fünf-Kilometer-Radius ist die Ape nichts. Doch wer sein Auto
ohnehin nur zum Supermarkt und zurück bewegt, dem mag das kleine Laster
ausreichen. In den Kofferraum des Kastenwagens passen ungefähr 1500 Liter, also
genauso viel wie in die Kombiversion der Mercedes C-Klasse. Ab 200 Kilo wird es
allerdings heikel. Ob die Zuladung zu heavy ist, prüft man am besten auf die
italienische Weise: Wenn sich die Hinterräder mehr als 20 Grad neigen, ist die
Fuhre voll.
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